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Wie Sie Ihren inneren Schweinehund zur Ruhe bringen

In sechs Schritten zur Realisierung

Nahezu jeder von uns hat einen, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung. Die einen lieben und pflegen ihn, die anderen wollen ihn möglichst rasch loswerden. Das Dumme ist nur, er kommt garantiert wieder: Der innere Schweinehund.

Meist zu Jahresbeginn hat er Hochsaison: Nie erfreut er sich soviel Aufmerksamkeit, wird so offen und lautstark über dieses wohl umstrittenste „Haustier“ diskutiert, wie zu Beginn eines Jahres. „Mehr Sport und Fitness, sich gesund ernähren, mehr Zeit für Hobbies…“ Die guten Vorsätze, mit denen wir unseren Schweinehund überlisten wollen, ist lang. Und doch haben viele diese längst wieder ad acta gelegt oder auf 2024 vertagt.

Statt im Fitness-Studio zu trainieren, verbringen die einen ihre Abende wieder auf der Couch, die Chipstüte oder ein Gläschen Alkohol in Griffnähe, während die anderen begeistert davon schwärmen, wie sie ihren Schweinehund „gezähmt“ und sich mit frischer Energie Kilos abtrainiert haben. Wie kann das sein? Wer ist dieser vierbeinige Kerl überhaupt und können wir ihm entkommen?

Die gute Nachricht: Der Schweinehund hegt für jeden von uns eine zutiefst positive Absicht! Wie ein Gralshüter bewacht und verteidigt er diese mit all seiner Kraft. Und er gibt keine Ruhe, bis wir diese erfüllen. Clever ist er sowieso, weil er neurobiologisch in unmittelbarem Austausch mit unseren vier Gehirnsystemen steht. Und hierbei spielt das Belohnungszentrum des Gehirns die größte Rolle.

Der Schweinehund arbeitet mit unseren vier Gehirnsystemen zusammen

Dieses kennt keine Gewöhnung und braucht ständig „Futter“. Gemeint sind damit nicht nur Nahrung oder der Alkohol, selbst wenn diese die schnellste Belohnung bringen und wir wissen, dass sie uns auf Dauer schaden. Auch immaterielle Anreize, wie z.B. unser inneres Bild davon, wieder problemlos in die Shorts oder das geliebte Sommerkleid vom letzten Jahr zu passen, sind für das Belohnungssystem hoch attraktiv.

Die schlechte Nachricht ist nicht nur, dass dieser vierbeinige Kerl seine Gewohnheiten liebt und sich hiervon nicht so leicht abbringen lässt. Er lässt sich auch nicht aussetzen oder an die Kette legen. Das können Sie direkt vergessen. Fakt ist: Er lässt erst dann locker, wenn er seine Mission zu 100 Prozent erledigt hat, d.h. wenn die positive Absicht, die er für uns verfolgt, dauerhaft erfüllt ist.

Die positive Absicht des Schweinehundes erkennen und würdigen

Doch was bitte schön sollte daran gut sein, abends regelmäßig auf der Couch zu landen, statt neue Fitness aufzubauen, wie es sich die 43-jährige Marion S. wünschte, als sie zu uns ins Coaching kam. Für jeden würde die Antwort hier wahrscheinlich anders ausfallen. Für Marion lautete die positive Absicht, „eine Pause vom Alltag zu machen.“

Häufig verbirgt sich hinter dieser ersten positiven Intention eine zweite oder dritte, um die es im Kern geht. Bei der halbtags berufstätigen Pressereferentin und Mutter zweier Teenager ging es darum, „Ruhe und Entspannung zu finden“  und regelmäßig „reine Ich-Zeit“ zu genießen.

Sie können auch selbst die Probe machen und Ihren Schweinehund direkt fragen, was er ganz konkret für Sie mit seinem Verhalten im schönsten Sinne sicherstellen möchte. Hört sich komisch an, funktioniert aber tatsächlich! Denn der Schweinehund ist ein wichtiger Persönlichkeitsteil und steht gerne Rede und Antwort. Doch dafür müssen wir bereit sein, uns auf ihn einzulassen, ihm Zeit zu gewähren, seine Botschaft zu hören und diese zu akzeptieren. Eins ist sicher: Er will sicherstellen, dass wir auf uns und unsere Ressourcen achtgeben.

Gleichzeitig ist dieses possierliche „Haustier“ auf sympathische Art naiv und in seinem Verhalten widersprüchlich. Denn es kennt nur diese eine Verhaltensweise, die wie in unserem Beispiel zu mehr  Kilos auf der Waage und sinkender Fitness führten, um seine Absicht durchzusetzen. Aufgrund seines engen Kontaktes zum Emotionalen Gehirnsystem will er eine möglichst schnelle Befriedigung in Form eines guten Gefühls für uns sicherstellen.

Vor dem Coaching bestätigte seine „Konferenzschaltung“ mit Marions Gedächtnissystem dies. Frei nach dem Motto „Chillen auf der Couch hast Du doch auch früher schon gerne gemacht.“ Auch die Abfrage beim Entscheidungssystem ihres Gehirns bejahte zuvor den Vorschlag und erwiderte zustimmend: „Okay! Hat ja auch in der Vergangenheit immer prima funktioniert.“ – Sind wir also Gefangene unseres Schweinehundes?

Sind wir die Gefangenen unseres Schweinehundes?

Ja und nein, lautet die Antwort! Denn wer an seinem Schweinehund vorbei will, braucht vor allem die Bereitschaft, seine alten Gewohnheiten hinter sich zu lassen. Und Sie brauchen im besten Fall drei alternative Verhaltensweisen, um die positive Intention zu erfüllen. Ganz wichtig: Der Schweinehund muss diesen zustimmen. „Oh je!! Wie soll das denn funktionieren?“, werden Sie sich fragen.

Um diese Alternativen zu finden, betritt ein anderer Persönlichkeitsteil, den jeder von uns in sich trägt, die „Bühne“: Der kreative Teil. Beim Neuro-Linguistischen-Programmieren (NLP) sprechen wir hier von der Arbeit mit den inneren Persönlichkeitsteilen, die z.B. auch aus der Gestalttherapie und dem Modell des „inneren Teams“ von Schulz von Thun bekannt sind.

Die meisten Schweinhunde zeigen sich nach anfänglichem Widerstand rasch bereit, in Verhandlung mit dem kreativen Teil zu gehen, der häufig nur so vor Ideen sprudelt – wenn wir ihn denn mal wieder zu Rate ziehen.

Marion machte es im Coaching sichtlich Freude, mit ihrem kreativen Teil in Kontakt zu treten. Sie erkannte, dass sie diesen jahrelang klein gehalten und ihr Bedürfnis nach Ruhe- und Ich-Zeit immer hinter Beruf und Familie gestellt hatte. Aufgrund der Lebendigkeit, die dieses Coachingformat mit sich bringt, fand sich rasch drei kreative Lösungen: Nr.1): Direkt nach der Arbeit 3 x Woche die Laufbekleidung anziehen und eine Runde joggen gehen. Nr. 2): Sich mit einer Nordic-Walking-Gruppe samstags mittags unter Anleitung im nahegelegenen Wald treffen. 3) Sich jeden Tag 15 Minuten Zeit nehmen für ein Lieblingsbuch.

Den ersten Vorschlag „bürstete“ ihr Schweinehund allerdings direkt ab, nach dem Motto: „Ungeübt joggen gehen? Und das alleine? Da holst Du Dir nur eine Muskelzerrung oder Schlimmeres!“ Den zweiten Vorschlag fand er dagegen prima. „Dann bist Du nicht alleine unterwegs, sondern hast gleich auch noch einen Austausch mit Gleichgesinnten“, und bei Nr. 3 klatschte er begeistert in die Pfoten. „Etwas geistige Nahrung kann ja nicht schaden.“

Den Schweinehund zur Ruhe bringen

Was sich hier wie ein munteres Kabarett anhört, machen wir de facto ständig in unserem Kopf. Wir wägen Vorschläge und Entscheidungen ab, diskutieren sie innerlich, verwerfen die eine und wählen einen anderen. Im Coaching wird dieser „Verhandlungsprozess“ bewusst gemacht. In unserem Beispiel ließ Marions kreativer Teil nicht locker: „Und wie sieht es in Bezug auf Nr. 1 damit aus 3 x Woche zu Fuß zur Arbeit zu gehen, statt das Auto zu nehmen?“

Alle drei Vorschläge fanden nach einigem Abwägen die volle Zustimmung des Schweinehundes und fühlten sich für Marion gut an. Auch die „Konferenz“ ihrer vier Gehirnsysteme fiel positiv aus. Ihr Belohnungssystem zeigte sich zwar noch skeptisch, gleichzeitig wiesen ihr Emotionales sowie ihr Gedächtnissystem darauf hin, dass Bewegung schon früher wohltuender Bestandteil ihres Alltags war.

Die Lösung stand fest: Die Klientin plante in ihrem Wochenplan ein, 3 x Woche zu Fuß zur Arbeit gehen, sich bei einer Nordic-Walking-Gruppe anzumelden und abends vor dem Einschlafen 15 Minuten zu lesen, statt wie bisher TV zu sehen.

Im Coaching geht es jetzt darum zu klären, ob grundsätzlich irgendetwas gegen diese Lösung spricht. Tauchen hier noch Bedenken auf, gilt es diese zu klären. Gibt es keine Einwände, geht es um den Future-Pace: „Was wird dadurch möglich, dass Du jetzt diese Alternativen verwirklichen wirst? Kurzfristig, aber auch mittel- und langfristig?“ Für Marion war klar, dass die neuen Verhaltensweisen dazu beitragen werden, dass sie im Sommer wieder in ihr geliebtes Kleid passen und neue Energie für Beruf und Familienleben gewinnen wird. Ihr Schweinehund, so stellte sie fest, könne jetzt endlich mal Pause machen, nachdem er jahrelang für sie einen so harten Job gemacht hat.

Fazit

Wer seinen inneren Schweinehund zur Ruhe bringen will, muss zunächst dessen positive Absicht erkennen und würdigen sowie die Bereitschaft zur Veränderung unerwünschter Verhaltensweisen mitbringen. Unsere Praxis zeigt: Ist das gegeben, zeigen sich im privaten wie im beruflichen Kontext immer kreative Alternativen. Und dann kann sich der Schweinehund beruhigt zur Ruhe legen, weil er weiß, dass alles in seinem Sinne läuft.

Ganz wichtig: Die Verhaltensalternativen müssen Bestandteil unseres Alltags werden. Im Wochenkalender haben sie ihren festen Platz, so dass sie jederzeit sichtbar sind. Ist das nicht der Fall, schleichen sich die alten Gewohnheiten häufig rasch wieder ein und die guten Vorsätze geraten in Vergessenheit…Und sicher steht einer dann wieder sofort auf dem Plan: Unser vierbeiniger Freund.

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